Trauma nach der Flucht
Viele Menschen, die nach Berlin kommen, bringen schwere seelische Belastungen mit. Sie mussten Familienmitglieder verlieren, Gewalt erleben oder jahrelang auf der Flucht überleben.
Diese Erfahrungen wirken nach. Typisch sind Symptome wie Schlafstörungen, Albträume, Panikattacken, Reizbarkeit und emotionale Abkapselung. Auch psychosomatische Beschwerden wie chronische Schmerzen treten häufig auf.
Der Alltag in der Fremde verschärft die Situation. Bürokratie, Sprachbarrieren, Wohnungsnot und Perspektivlosigkeit belasten zusätzlich. Ein instabiler Aufenthaltsstatus sorgt für permanente Unsicherheit und Angst.
Wenn dann noch die Familie fehlt oder in Gefahr ist, wird psychische Stabilität kaum möglich. Besonders Menschen aus Kriegsgebieten wie Syrien, Afghanistan, Eritrea oder der Ukraine sind betroffen.
Warum Hilfe oft nicht ankommt
Geflüchtete stoßen beim Zugang zu psychischer Versorgung auf zahlreiche Hindernisse. Viele wissen gar nicht, dass sie Anspruch auf psychotherapeutische Unterstützung haben.
Hinzu kommt ein kulturelles Tabu. In vielen Herkunftsländern wird über psychische Probleme nicht gesprochen. Wer über seine Belastung spricht, gilt schnell als schwach oder „verrückt“.
Weitere Barrieren:
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keine ausreichenden Deutschkenntnisse
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zu wenige Therapieplätze mit Sprachmittlern
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Angst vor Abschiebung bei offiziellen Angaben
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mangelndes Vertrauen in Institutionen
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fehlende Informationen über kostenlose Hilfe
Oft fehlt auch die Zeit. Geflüchtete sind mit dem Überleben beschäftigt: Wohnungssuche, Behördengänge, Jobsuche, Sprachkurse. Therapie hat keinen Platz im Alltag – obwohl sie dringend nötig wäre.
Unterstützung in Berlin
Berlin hat eine Vielzahl spezialisierter Einrichtungen, die Geflüchteten helfen. Viele arbeiten mit Dolmetscherinnen, Ehrenamtlichen und kulturell angepassten Therapieformen.
Beratungsstellen
Einige der wichtigsten Anlaufstellen:
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Zentrum ÜBERLEBEN (Traumatherapie, medizinische Hilfe)
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XENION (Psychosoziale Betreuung, Unterbringung)
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Berliner Krisendienst (Notfallhilfe, anonym)
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Be an Angel (Integration und individuelle Hilfe)
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Netzwerk Medibüro & Medinetz (medizinische Versorgung ohne Papiere)
Diese Angebote sind oft kostenlos und arbeiten ohne Hürden. Auch die Plattform https://beziehungsanalyse-
Kultur und Sprache
Viele Organisationen setzen auf kultursensible Therapie. Dabei geht es nicht nur um Sprache, sondern auch um Verständnis von Werten, Religion und familiären Strukturen.
Therapeutische Gespräche finden oft mit Sprachmittlerinnen statt. In manchen Fällen hilft ein sogenannter kultureller Vermittler – jemand, der selbst einen ähnlichen Fluchthintergrund hat.
Bewährt haben sich:
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narrative Therapieformen
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Gruppenangebote
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körperorientierte Methoden wie EMDR oder Somatic Experience
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kreative Formate wie Musik, Tanz oder Malerei
Ehrenamt als Brücke
Zahlreiche Berliner Initiativen arbeiten mit freiwilligen Helferinnen. Diese begleiten Geflüchtete zu Ämtern, Ärzten oder Therapieterminen.
Manche übernehmen Patenschaften oder geben Deutschunterricht. Andere hören einfach zu. Diese menschliche Nähe ist oft genauso heilsam wie professionelle Behandlung.
Ein Beispiel ist das Projekt PsyCARE Berlin. Es verbindet psychologische Begleitung mit sozialer Hilfe – niederschwellig und menschlich.
Wenn Worte fehlen
Nicht jeder kann oder will über Erlebtes sprechen. Deshalb setzen viele Projekte auf alternative Ausdrucksformen.
Gruppenangebote mit kreativen Elementen zeigen große Wirkung. Malen, Schreiben, Bewegung und Musik helfen, Gefühle zu verarbeiten.
Einige Geflüchtete berichten, dass sie in der Kunst zum ersten Mal seit Jahren wieder Ruhe gefunden haben. Emotionen lassen sich manchmal besser zeigen als sagen.
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Stimmen aus dem Alltag
„Ich hatte jeden Tag dieselben Bilder im Kopf. Explosionen. Tote. Ich konnte nicht schlafen.“ So beschreibt ein Geflüchteter aus Syrien seine ersten Monate in Berlin.
Eine Frau aus Afghanistan berichtet: „Ich habe versucht, stark zu bleiben. Aber als meine Tochter nachts schrie, habe ich gemerkt, dass sie alles mitbekommen hat.“
Viele erzählen von innerer Leere, Angst vor Behörden, Schuldgefühlen gegenüber Verwandten in der Heimat.
Was hilft? Vertrauen, Zeit und Menschen, die zuhören. „Ich hatte eine Patin aus meinem Kiez, die einmal pro Woche mit mir Tee trank. Das hat mir geholfen, wieder an mich zu glauben.“
Was besser werden muss
Trotz guter Ansätze gibt es in Berlin große Lücken in der psychischen Versorgung geflüchteter Menschen.
Notwendig sind:
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mehr Therapieplätze mit Dolmetscherinnen
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kürzere Wartezeiten für Geflüchtete
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stabile Finanzierung von spezialisierten Angeboten
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Schulung von Ärztinnen, Behörden und Sozialarbeiterinnen
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bessere Informationsangebote in verschiedenen Sprachen
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stärkere Einbindung migrantischer Gemeinschaften
Geflüchtete brauchen Sicherheit, Verlässlichkeit und das Gefühl, willkommen zu sein. Nur so kann Verarbeitung beginnen.
Der Weg zurück zu sich
Trauma ist keine Krankheit, sondern eine normale Reaktion auf extreme Erlebnisse.
Viele Geflüchtete leben mit unsichtbaren Narben. Sie brauchen Zeit, Begleitung und geschützte Räume.
Berlin bietet bereits viel – aber noch nicht genug.
Es liegt auch an uns allen, Räume der Offenheit zu schaffen.
Ein Gespräch, ein Blick, eine Einladung kann mehr bewirken als wir denken. Denn seelische Heilung beginnt oft im Vertrauen – nicht im System.